Hintergrund: Was will das Projekt Zahlpatenschaft?

Mit ihrer Zahlpatenschaft setzen Sie ein Zeichen gegen national-chauvinistische Sprachpflegeinitiativen und spenden gleichzeitig für antidiskriminierende Projekte!

Zahlen schützen?

Eine Zahlpatenschaft bietet Ihnen die einzigartige Möglichkeit, sich schützend für eine Zahl einzusetzen und ihrer tiefen Verbundenheit für eine Zahl Ausdruck zu verleihen! Egal ob Lieblingszahl, Dezimalzahl, Glückszahl oder Primzahl - für 15,15€ erhalten Sie Ihre Patenzahl, objektiviert durch eine persönliche Urkunde und, so Sie wünschen, als Eintrag im öffentlichen Webverzeichnis unserer Zahlpatinnen und Zahlpaten.

Glückliche Zahlpatin mit hochwertiger Urkunde. Werden auch sie ZahlpatIn!

Sie denken, dies sei verrückt? Sie denken, abstrakte Substanzen kann man nicht verkaufen? Man kann. Das Projekt „Wortpatenschaft“ des Vereins für deutsche Sprache vergibt ab 19 € „deutsche“ Worte und zum Schutz und zur Pflege der deutschen Sprache. Nicht erst beim zweiten Blick auf die Wortpatenschaft offenbart sich des Pudels Kern: Mit Aufklebern wie „Der Klügere spricht Deutsch“ manifestiert sich hier eine nationalistische Strömung, die um eine vermeintlich deutsche kulturelle Identität durch Ausgrenzung ringt. Die Popularität solch irrwitziger „Sprachpflegeprojekte“ vor allem auch im bildungsbürgerlichen Gesellschaftsspektrum scheint dabei äußerst bedenkliche Wirkungen zu entfalten. 

Zahlen versus Worte

Sprachpflegeprojekte wie die Wortpatenschaft, stützen sich auf eine diffuse Angst vor einem angeblichen Verfall der deutschen Sprache. Bemüht wird dabei vor allem die Ablehnung von Anglizismen, welche dafür Sorge trügen, dass Deutsch als solches in absehbarer Zeit nicht mehr existieren werde. Was dahinter steckt zeigt sich in den sprachlichen Bildern, mit denen diese Angst beschrieben wird: die Reinheit unserer Sprache wird durch Verwässerung bedroht und fällt der Globalisierung, welche in Wahrheit eine Amerikanisierung sei, zum Opfer. Die im Hintergrund der Webseite der Wortpatenschaft heroisch wehende deutsche Flagge offenbart somit den eigentlichen programmatischen Charakter des Projekts: das Wiederauflebenlassen eines vor allem kulturell begründeten Nationalismus.

Diese Interpretation drängt sich geradezu auf, sieht man sich an, mit welch intellektueller Rohheit hier „Sprachpflege“ betrieben wird. Was Anglizismen denn eigentlich seien, darüber ist man sich bei der Wortpatenschaft anscheinend nicht so ganz im Klaren. Auf Nachfrage antwortet der Verein lapidar: damit halte man es „so Pi mal Daumen“ (Tobias Mindner, Pressesprecher der Wortpatenschaft). Dieser Daumen lässt Roland Koch Wortpate für „couragiert“ sein (nach Tobias Mindner „durchaus ein deutsches Wort“) und erfreut sich inzwischen breiter Zustimmung von prominenten Paten (Angela Merkel steht Patin für „Klimaschützerin“, IKEA für „Einrichtungskompetenz“). Sprachwissenschaftler schlagen angesichts eines solchen fehlenden Verständnisses für Sprache die Hände über den Kopf zusammen.

Der Verein Deutsche Sprache (VDS) selbst kann deshalb auch nur unschwer verbergen, worum es bei seinem Projekt eigentlich geht. Mit seinen Projekten sagt der VDS dem selbst diagnostizierten Verfall des Deutschtums den Kampf an und bestärkt so eine exklusive kulturelle nationale Identität. Der Aufruf gegen eine “Verwässerung“ des Deutschen dekodiert sich als intentionales Programm zur Setzung von (Sprach-)Kultur, welches in Verbindung mit dem Verweis auf „nationale Wurzeln“ eine Ausgrenzung alles „Fremden“ bei gleichzeitiger Überhöhung des „Deutschsein“ produziert.

Zahlpatenschaft will solchen offensichtlichen und verdeckten nationalistischen Strömungen etwas entgegen setzen.